Weltraumteleskop Gaia ist gestartet

Die Weltraumsonde Gaia soll eine Milliarde Sterne in unserer Milchstraße mit höchster Präzision vermessen. (Grafik: ESA)

Mit einem Bilderbuch-Start wurde heute Morgen gegen 10 Uhr das Weltraumteleskop “Gaia” der Europäischen Raumfahrt-Agentur ESA vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana auf den Weg gebracht. Mit dem rund eine halbe Milliarde Euro teuren Projekt will die ESA neue Maßstäbe bei der Kartographierung der Milchstraße setzen. Eine Milliarde Sterne (etwa ein Prozent der Sterne unserer Milchstraße) sollen astrometrisch, photometrisch und spektroskopisch mit bis dahin unerreichter Genauigkeit erfasst werden. Gaia ist das Nachfolgeprojekt der Hipparcos-Mission der ESA in den 1980er Jahren.

Ihr Weg führt sie in den ersten vier Wochen zu dem in 1,5 Millionen Kilometer entfernt liegenden exklusiven Beobachtungsplatz „L2“. An diesem „Lagrange-Punkt L2“ heben sich die Gravitationskräfte von Sonne und Erde auf, so dass Gaia die Sonne im Gleichtakt mit der Erde mindestens fünf Jahre umrundet.

Die Ziele sind hoch gesteckt: Gaia soll die Positionen, Bewegungen, Entfernungen, Zusammensetzung und Geschwindigkeiten von einer Milliarde Sternen mit höchster Präzision vermessen und dabei die räumliche Struktur und Dynamik der Galaxis erkunden. Es geht um die Frage nach der Entstehung und Entwicklung unserer kosmischen Heimat. Die sehr hohe Messgenauigkeit soll zudem experimentelle Tests der Allgemeinen Relativitätstheorie ermöglichen.

Die Anforderungen an die Gaia-Mission sind enorm. “Um beispielsweise die Positionen der Sterne auf den Abbildungen „in die realen Positionen der Sterne umzurechnen, muss die absolute Orientierung des drei Meter hohen Satelliten im Weltraum auf etwa einen Atomdurchmesser genau bekannt sein – und zwar für jeden Zeitpunkt während der fünfjährigen Mission“, berichtet Ulrich Bastian, Mitglied des 13-köpfigen Gaia-Science-Teams der ESA. Ein Atomdurchmesser entspricht 0,3 Nanometer, das sind drei Milliardstel Meter (0,000000003 Meter).

Dennoch haben Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure Lösungswege gefunden. Zu den Wunderwerken der Raumsonde gehören die eine Milliarde Pixel starke Digitalkamera aus 106 CCD-Sensoren, die Elektronik zur Hochgeschwindigkeits-Datenübertragung und die Mikrotriebwerke für die Lageregelung in der Umlaufbahn.

„Gaia ist die größte Entdeckungsmaschine der Astronomie. Dadurch wird Europa zum Vorreiter in Sachen Präzisionsastronomie“, betont Álvaro Giménez Cañete, ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration.

Das umfangreiche Datenmaterial von Gaia wird sich auf alle wichtigen Bereiche der astronomischen Forschung auswirken. So erwarten die Wissenschaftler weitere Entdeckungen kosmischer Objekte in signifikanten Größenordnungen: bis zu 250 000 Asteroiden und Kometen innerhalb unseres Sonnensystems, zehntausende Exoplaneten und Planetensysteme, tausende Braune Zwerge, hunderttausende Weiße Zwerge, tausende von Supernovae und hunderttausende Quasare. Mithilfe von Gaia könnte sogar die mysteriöse Dunkle Materie analysiert werden, die in unserer Milchstraße reichlich vorhanden sein muss – jene unsichtbare Substanz, die nur aufgrund ihrer Schwerewirkung auf andere Objekte zu erkennen ist.